Gesucht: 3,5 Räume für freies Arbeiten.
„Wo können wir uns zu dritt hinsetzen und leise an einer Seminaraufgabe arbeiten?“ „Wir haben nachher ein Online-Seminar, gibt es einen Raum, den wir dafür nutzen können?“ Diese Fragen hören wir täglich in der Bibliothek und haben mehr als eine Antwort darauf.
Worum ging es?
Studierende benötigen einen physischen Ort, mit technischer Infrastruktur, an dem sie konzentriert arbeiten, an digitalen Veranstaltungen teilnehmen oder sich kollaborativ in kleinen Gruppen austauschen können. Lernen und Lehren haben sich verändert: Digitalisierung bringt andere Lernansätze mit sich und es geht mehr um problem- und projektbasiertes Lernen denn je. Lerninhalte entwickeln sich weiter, die verfügbaren Räume hingegen nur wenig bzw. langsam.
© UB UdK Berlin
Finanzielle Unterstützung
Dank der Berliner Senatssondermittel für „Digitalisierung und Lehre“ gab es ein Budget, um die Räumlichkeiten auszustatten und es entspricht dem Selbstverständnis der Bibliothek hier mitzuarbeiten. Das Ziel war die Erarbeitung eines bedarfsorientierten, adaptierbaren und nachhaltigen Konzeptes. Das erlaubte der UdK-Bibliothek und vor allem den Wünschen der beteiligten Studierenden gerecht zu werden und hochwertige Technik einzukaufen.
Zu Beginn das Ende im Sinn haben
Allem voran gingen unzählige UdK-interne wie -externe Gespräche um die Themen Räume, hybride Arbeitsumgebung, barrierefreies Arbeiten und Nutzungsverhalten, aber auch darum, wie gemütlich und entspannend Arbeiten in einer Bibliothek sein soll.
Eine Anfrage bei Prof. Ineke Hans von Institut für Produkt- und Prozessgestaltung (IPP; Fakultät Gestaltung) der UdK Berlin ergab die Möglichkeit, einen Raum von Studierenden gestalten zu lassen. So ist die Idee in die „Projektbörse“ gewandert, bei der sich Studierende der höheren Semester für ein Semesterprojekt entscheiden können.
Still-Leise-Laut
Die UdK-Bibliothek hat circa 200 Einzelarbeitsplätze für stilles Arbeiten. Jedoch gab es Wünsche von den Nutzenden, dass es Gruppenräume geben soll, wo auch laut gearbeitet und miteinander gesprochen werden kann. Insgesamt sind drei Flächen für die Nutzenden der Bibliothek umgebaut und gestaltet worden, die das veränderte Lernen berücksichtigen. Es wurden zwei offene Gruppenarbeitsplätze für ruhiges Arbeiten sowie ein geschlossener Gruppenraum für lautstarke/lebhafte Arbeit geschaffen.
© C. Giakoumelou
Alles begann mit einem Briefing der UdK-Bibliothek an die 7 Studierenden, die sich für dieses Projekt entschieden haben. Zusammen mit ihrem Mentor Maciej Chmara (künstlerischer Mitarbeiter des IPP) gründeten sie für ein paar Monate ein kleines Designbüro und die UdK-Bibliothek war ihre erste Auftraggeberin. Abgeleitet von Inspirationen aus der Feedbackwand im Erdgeschoss und einigen Ergänzungen wurden folgende Schlagworte im Briefing vergeben: Arbeiten, barrierefrei, Kleingruppe, Akustik, Licht, diverses Sitzen, physische und digitale Bestandsvermittlung.
Modelle wurden entworfen, Lichtanalysen durchgeführt, Bewässerungs-systeme konzipiert und Materialien entsprechend ihrer akustischen Eigenschaften ausgewählt. Ein Erfahrungsgewinn aus dem Projekt ist, dass ein Stuhl das komplexeste und schwierigste Möbelstück überhaupt ist. Aus diesem Grund haben sich die Studierenden für ein fertig designtes Modell aus Italien entschieden. Sie haben einen Stuhl nach Berlin zum Probesitzen kommen lassen, bevor sie dem Design vertrauten.
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1. LIV – Lernort Ihres Vertrauens
So wurde der circa 35 m² große Raum von den Gestalter*innen liebevoll als „Lernort ihres Vertrauens“ benannt. Dieser Name kann einerseits das Engagement und die Überzeugung, mit der etwas Gutes für die Nutzer geschaffen wurde, und andererseits das Vertrauen der UdK-Bibliothek in die verantwortungsvolle Nutzung dieses Raumes durch die Besucher*innen symbolisieren. Die Hingabe und Anstrengung aller Beteiligten, die in die Gestaltung dieses Raumes geflossen sind, ist ihm anzusehen.
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Alles weitere wurde selbst entworfen und gebaut: die Tische, die Sitzlandschaft, die Regale, die Soundpaneele, Pflanzentöpfe aus 3D-Druckern, die Kissen und nicht zuletzt ein schicker neuer Schrank für die Infotheke. Wenn die Wunschfarbe für den Teppich dann doch nicht lieferbar ist, saßen sie mit drei Mustern und haben beraten, welche Alternative die Beste ist. Alles was sich im LIV-Raum befindet ist kein Zufall, sondern wohl überlegt und konzipiert.
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2. Offener Gruppenarbeitsplatz für leises Arbeiten
Parallel zum „LIV“ wurden zwei weitere Flächen umgebaut und gestaltet. Die kleine Fläche mit circa 8m² Fläche in der Mediathek der UdK-Bibliothek steht der spontanen Nutzung für Gruppen mit gemeinsamer Bildschirmnutzung zur Verfügung. Das Konzept des Raumes: Flexibilität. Tisch, Sitzmöglichkeiten und die Technik verfügen über Rollen und sind beweglich. Sogar die Stromversorgung ist mobil, denn an der Information kann eine Powerbank mit diversen Anschlüssen ausgeliehen werden.
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3. Geschlossener Gruppenarbeitsraum für lauteres Arbeiten
Dieser Raum ist an das Raumbuchungssystem angebunden und ermöglicht bis zu 8 Nutzer*innen gemeinsames Arbeiten bzw. die Teilnahme an Online-Veranstaltungen. Die Idee des Raumes: praktisch, beweglich, inspirierend und technisch-minimalistisch.
Zur Ausstattung gehören neben einem kabellosen und höhenverstellbaren Tisch, verschiedenste Sitzmöglichkeiten auch ein interaktiver Touch-Screen-Monitor, auf dem z.B. intuitiv mit einem Stift gemalt und mit der Handfläche radiert werden kann. Konferenztechnik oder eine 3D-Brille kann zusätzlich nach Wunsch an der benachbarten Infotheke ausgeliehen werden.
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Mit Kindern in der Bibliothek? Warum nicht?!
Sollten Nutzer*innen ihre Kinder mitbringen, so können sie sich für die Zeit des Aufenthaltes einen gepackten Bollerwagen ausleihen und die Kinder ihr Zelt aufschlagen lassen. Im Bollerwagen befinden sich Zelt, Isomatte, Kuscheldecke, Stirnlampe und eine Schatzkarte, die den Weg zu den Kinderbüchern –im Regalbereich Erziehungswissenschaften zeigt.
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Seit der Eröffnung der Räumlichkeiten beobachten wir gespannt, wie die Räume angenommen werden, wie sich die Nutzenden verhalten, welche Nachjustierungen sinnvoll sind und vor allem, was wir als Bibliothek daraus lernen können. Denn die besten Ideen und beliebtesten Szenarien sollen multipliziert werden und von unseren Erfahrungen sollen auch andere profitieren.
E-Mail Nachricht einer Servicehilfskraft nach dem Spätdienst, © UB UdK Berlin
Die sehr, sehr positiven Rückmeldungen der Nutzenden, die Dauerbelegung des „LIV“ oder die Anfragen anderer Hochschulen sind einer der besten Erfolgsindikatoren dieses Projektes.
Paola Antonelli (Design-Chefin MoMa NY) sagte mal: Design stellt eine Beziehung zwischen Menschen und Objekten her. Ich denke, mit diesem Projekt wurde noch einmal eine neue Beziehung von Nutzer*innen und der Bibliothek hergestellt.
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Anne Martinsohn